Wer mit dem Zug nach Romanshorn kommt, steigt direkt am Hafen aus. Der Bahnhof liegt nur wenige Meter vom Ufer entfernt, und das ist kein Zufall. Die Stadt verdankt ihre Entwicklung im 19. Jahrhundert der Eisenbahn, die hier erstmals den Bodensee erreichte. Heute ist Romanshorn Knotenpunkt zwischen Schiene und Schiff – eine Funktion, die das Stadtbild bis heute prägt.
Der erste Eindruck? Nüchtern, aber ehrlich. Keine mittelalterlichen Gässchen, keine Fachwerkromantik. Stattdessen Hafenanlagen, moderne Wohnblocks und viel Verkehr. Doch wer sich davon nicht abschrecken lässt, entdeckt eine Stadt, die ihre Identität aus ihrer Lage zieht: zwischen Wasser und Gleisen, zwischen Schweiz und Deutschland, zwischen Funktionalität und Freizeit.
Der Hafen – Herzstück und Verkehrsdrehscheibe
Im Hafen von Romanshorn herrscht Betrieb. Mehrmals täglich legt die Autofähre nach Friedrichshafen ab, und das seit über hundert Jahren. Die Strecke dauert knapp eine Stunde, und wer sie fährt, erlebt den Bodensee aus einer anderen Perspektive: weitläufig, manchmal rau, oft überraschend still. An windigen Tagen schaukelt die Fähre ordentlich, und die Möwen kreischen über dem Heck.
Neben der Fähre legen auch Ausflugsschiffe an, die entlang des Schweizer Ufers nach Rorschach, Arbon oder Kreuzlingen fahren. Für Tagesausflügler ist das eine gemütliche Art, die Region zu erkunden, ohne sich um Parkplätze kümmern zu müssen. An Sommerwochenenden kann es am Hafen eng werden – dann drängeln sich Touristen, Radfahrer und Pendler um die besten Plätze an Deck.
Spannend ist dabei, dass der Hafen nicht nur touristisch genutzt wird. Frachtkähne transportieren Waren über den See, Fischer legen morgens mit ihren Netzen ab, und im Winter liegen die Boote vertäut und abgedeckt da, als würde die Zeit stillstehen.
Seepromenade und Strandbad – Bodensee zum Anfassen
Die Uferpromenade zieht sich vom Hafen bis zum Strandbad und ist der zentrale Ort für Spaziergänger, Jogger und Familien. Der Weg ist asphaltiert, flach und führt direkt am Wasser entlang. Auf der einen Seite plätschern die Wellen gegen die Ufermauer, auf der anderen stehen moderne Wohnhäuser mit Balkonen Richtung See. An sonnigen Nachmittagen riecht es hier nach Sonnencreme und frisch gemähtem Gras.
Das Strandbad Romanshorn liegt etwas außerhalb des Zentrums und ist im Sommer ein beliebter Treffpunkt. Die Liegewiese ist weitläufig, das Wasser flach und sauber. Für Kinder gibt es einen Spielplatz, für Erwachsene einen Kiosk mit Pommes und Glace. Nichts Besonderes, aber genau das macht den Charme aus. Hier wird gebadet, gepicknickt und Frisbee gespielt, ohne großes Tamtam.
Am Abend, wenn die Sonne hinter den Hügeln versinkt, färbt sich der Himmel orange und rosa. Dann sitzen die Leute auf den Sitzbänken entlang der Promenade, schauen übers Wasser und lassen den Tag ausklingen. Ein ruhiger Moment in einer sonst recht geschäftigen Stadt.
Altstadt und Zentrum – wenig Fachwerk, viel Geschichte
Romanshorns Altstadt ist klein und schnell durchlaufen. Ein paar historische Gebäude gibt es, die alte reformierte Kirche zum Beispiel, deren Turm über den Dächern thront. Doch die Bausubstanz wurde über die Jahrzehnte immer wieder verändert, modernisiert, angepasst. Das verleiht dem Ort einen eigentümlich pragmatischen Charakter – hier wurde gebaut, was gebraucht wurde, nicht was hübsch aussah.
In den Gassen finden sich kleinere Läden, Cafés und Restaurants. Nichts Aufgesetztes, eher das Sortiment einer Kleinstadt: Bäckerei, Apotheke, ein paar Boutiquen. Wer nach typisch schweizerischer Gemütlichkeit sucht, wird hier nicht immer fündig. Aber genau das hat seinen Reiz – Romanshorn gibt sich nicht als Touristenmagneten aus, sondern bleibt sich selbst treu.
Interessant ist die Geschichte der Stadt, die eng mit der Industrialisierung verknüpft ist. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Eisenbahnlinie von Zürich nach Romanshorn eröffnet, und damit begann der Aufstieg des Ortes. Plötzlich war der Bodensee für Schweizer Reisende und Waren erreichbar, und Romanshorn wurde zum Tor in Richtung Deutschland und Österreich.
Museum und Kultur – Eisenbahnnostalgie und mehr
Das Locorama, ein kleines Eisenbahnmuseum, liegt direkt am Hafen und ist einen Besuch wert, vor allem für Technikinteressierte. Hier stehen alte Dampflokomotiven, historische Waggons und unzählige Exponate zur Eisenbahngeschichte der Region. Man kann in die Führerstände steigen, an Hebeln ziehen und sich vorstellen, wie es war, mit solchen Maschinen über die Gleise zu donnern.
Das Museum ist nicht riesig, aber liebevoll gestaltet. Ehrenamtliche Helfer führen durch die Ausstellung, erzählen Anekdoten und erklären die Technik. Für Familien mit Kindern ist das ein kurzweiliger Halt, auch wenn das Wetter mal nicht mitspielt.
Kulturell ist Romanshorn sonst eher ruhig. Es gibt ein Kino, gelegentlich Konzerte im Sommer am Hafen und ein paar kleinere Veranstaltungen übers Jahr verteilt. Wer Festivals oder großes Theater sucht, fährt besser nach Konstanz oder St. Gallen.
Essen und Trinken – regional und unkompliziert
Die Gastronomieszene in Romanshorn ist überschaubar, aber solide. Mehrere Restaurants entlang der Uferpromenade bieten schweizerische und internationale Küche. Bodenseefisch steht natürlich auf vielen Karten: Felchen, Egli, Zander. Frisch zubereitet, oft gegrillt oder gebraten, dazu Kartoffeln und Salat. Einfach, aber gut.
Ein Klassiker ist das Restaurant Hafen, das direkt am Wasser liegt und vor allem im Sommer gut besucht ist. Wer draußen sitzt, hat den Blick auf die vorbeifahrenden Schiffe und hört das Schreien der Möwen. Die Preise sind schweizerisch, also nicht günstig, aber die Portionen ordentlich.
Wer es lieber unkompliziert mag, findet am Hafen einen Imbissstand mit Bratwurst und Pommes. Dazu ein Rivella oder ein Bier, und man ist glücklich. An warmen Abenden sitzen viele Leute auf den Hafenmauern, essen Fish and Chips aus der Papiertüte und schauen aufs Wasser. Das hat was.
Aktivitäten rund um Romanshorn – Radfahren, Wandern, Schifffahren
Romanshorn ist ein idealer Ausgangspunkt für Radtouren entlang des Bodensees. Der Bodensee-Radweg führt direkt durch die Stadt, und von hier aus kann man in beide Richtungen losfahren: westwärts nach Arbon und Rorschach, ostwärts nach Kreuzlingen und weiter nach Konstanz. Die Strecken sind flach, gut ausgeschildert und führen meist direkt am Ufer entlang.
Wer gerne wandert, findet in der näheren Umgebung einige Routen durch Obstplantagen und Hügellandschaften. Besonders schön ist die Gegend im Frühling, wenn die Apfelbäume blühen, oder im Herbst, wenn die Blätter sich verfärben. Die Wege sind nicht spektakulär steil, aber aussichtsreich – immer wieder öffnet sich der Blick auf den See und die Alpen dahinter.
Für Wassersportler gibt es Möglichkeiten zum Stand-Up-Paddling, Segeln oder Windsurfen. Bei gutem Wind ist der Bodensee ein Revier für Segler, und Romanshorn hat einen kleinen Yachthafen mit entsprechender Infrastruktur. Anfänger sollten sich aber bewusst sein, dass der See tückisch sein kann – plötzliche Winde und Strömungen gehören dazu.