Das Kunsthaus Bregenz wurde vom international renommierten Schweizer Architekten Peter Zumthor entworfen, der 2009 den Pritzker-Preis erhielt. Schon 1998 gewann Zumthor mit dem Kunsthaus den Mies van der Rohe Award for European Architecture. Der aus Basel stammende Architekt hat eigentlich eine Ausbildung als Möbeltischler hinter sich, bevor er später Architektur und Innengestaltung studierte. Man merkt das seinem Werk an. Alles sitzt, jedes Detail. Die Jury des Pritzker-Preises lobte 2009 sein fokussiertes und kompromissloses Schaffen – und genau das spiegelt sich im KUB wider.
Das Gebäude entstand zwischen 1994 und 1997 und hat seither nichts von seiner Faszination verloren. Zumthor selbst beschreibt es poetisch: Das Haus nimmt das wechselnde Licht des Himmels auf, reflektiert es zurück und lässt je nach Blickwinkel und Tageszeit etwas von seinem Inneren erahnen. Wer am Bodenseeufer entlangspaziert, kommt an dieser strahlenden Präsenz nicht vorbei. Der Bau wirkt wie ein riesiger Leuchtkörper, der zwischen Altstadt und See seinen eigenen Platzraum definiert – zusammen mit dem benachbarten Landestheater.
Glas, Beton und die Magie des Lichts
Der Gebäudekörper besteht aus fein geätzten, gleich großen milchglasähnlichen Glaspaneelen, die von Klammern gehalten werden. Insgesamt sind es 712 Glaspaneele, jedes wiegt rund 250 Kilogramm. Diese Paneele bilden eine vorgelagerte, luftdurchspülte Haut, die das Tageslicht zunächst filtert und dann optimal in die Ausstellungsräume umlenkt. Als Tageslichtmuseum konzipiert, arbeitet das KUB bewusst mit natürlichem Licht – ein Konzept, das in der Museumswelt nicht alltäglich ist.
Die diskrete Gestaltung von Fassade und Kern wurde durch eine Skelettbauweise ermöglicht, wie man sie sonst eher von Hochhäusern kennt. Drei vertikale Betonscheiben, jeweils etwa 72 Zentimeter dick, übernehmen die tragende Funktion und erstrecken sich durch alle Ebenen. Weil die gesamte Infrastruktur hinter diesen Betonwänden verläuft, entstanden großzügige, stützenfreie Ausstellungsflächen. Und genau da beginnt das Spiel: Die Räume atmen, sie wirken leicht und zugleich monumental.
Die Böden sind aus Terrazzo, direkt auf die Bodenplatte aufgetragen – ohne die sonst üblichen Dehnungsfugen. Stattdessen nehmen Lüftungsschlitze entlang der Außenwände die Spannungen auf. Die Wände aus samtartigem Sichtbeton wurden mit glatten, unstrukturierten Schaltafeln gegossen. Alles ist reduziert, nichts lenkt ab. Man steht in diesen Räumen und spürt förmlich, wie sehr hier Material und Licht miteinander im Dialog stehen.
Vier Ebenen, vier Stimmungen
Das 6,20 Meter hohe Erdgeschoss mit fast 500 Quadratmetern beherbergt Kasse, Garderobe und den Katalogverkauf. Es fungiert als Foyer, aber auch als Ausstellungsfläche – die sogenannte KUB-Arena. Hier kannst du die Konstruktion des Hauses besonders gut erkennen, denn die Außenwände sind aus Glas. Du siehst die drei Betonscheiben, die das Gebäude tragen und die Räume strukturieren.
Über dem Erdgeschoss erheben sich drei Ausstellungsgeschosse mit jeweils rund 450 Quadratmetern. Die ersten beiden Stockwerke sind gleich hoch (4,25 Meter), das dritte ist mit 4,95 Metern höher – eine bewusste Entscheidung, um räumliche Dramaturgie zu erzeugen. Die Variationen im KUB entstehen also nicht durch unterschiedliche Grundrisse, sondern durch Raumhöhen und vor allem durch die Lichtstimmungen. Jedes Geschoss hat seinen eigenen Charakter, obwohl die Grundflächen identisch sind.
Was viele Besucher überrascht: Im Untergeschoss gibt es einen Vortragsraum, Vermittlungsräume und Werkstätten. Im tieferen Untergeschoss, den Besucher nicht betreten können, sind weitere Werkstätten sowie die technische Zentrale für Elektrik, Heizung und Klimatisierung untergebracht. Das ist die unsichtbare Maschinerie, die den weißen Kubus am Laufen hält.
Ein Haus speziell für Künstler
Den im KUB ausstellenden Künstlern wird die Architektur realer Maßstab und konzeptueller Impuls für ihre Ausstellungsauftritte, besonders wenn ganze Werkserien neu produziert werden. Viele Künstlerinnen und Künstler betonen immer wieder, wie sehr sie Zumthors einzigartige Räume schätzen – und wie eng die Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksbetrieben und der Vorarlberger Industrie funktioniert. Die Flexibilität und Qualität vor Ort sind legendär.
Dass ein großer Teil der Arbeiten eigens für das Haus entsteht, verleiht jeder Ausstellung eine besondere Intensität. Die Künstler reagieren auf die Architektur, gehen eine Symbiose mit ihr ein. Manchmal wird sogar die Fassade selbst zur Leinwand. Das KUB ist kein neutraler White Cube, sondern ein Gegenüber, das mitspricht.
Das Kunsthaus verfügt über eine eigene Sammlung mit zwei Schwerpunkten: die Sammlung Archiv Kunst Architektur und die Sammlung österreichischer Gegenwartskunst. Bereits vor der Eröffnung wurden Werke von Künstlerinnen wie Maria Lassnig und Valie Export angekauft. Seit 2009 kommen Arbeiten von dort ausstellenden Künstlern hinzu, darunter Schenkungen von Donald Judd und Per Kirkeby.
Mehr als ein Museum – das KUB im städtischen Raum
Neben dem vorarlberg museum und dem Landestheater positioniert sich das KUB als selbstbewusster Solitär direkt am Bodenseeufer. Die Lage ist perfekt: Bahnhof und Hafen sind nur wenige Gehminuten entfernt. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, erreicht das Haus bequem über den Bodensee-Radweg. Und wer mit dem Schiff anreist, sieht den gläsernen Kubus schon vom Wasser aus leuchten.
Gleich neben dem Hauptgebäude steht ein Verwaltungsgebäude aus schwarz pigmentiertem Beton – ebenfalls von Zumthor entworfen. Es schafft einen Übergang zur niedrigeren Bebauung der Altstadt und beherbergt alle Nebeneinrichtungen des Museums, sodass das Haupthaus ausschließlich für Ausstellungen genutzt werden kann. Im Erdgeschoss befindet sich die KUB Café Bar, die 2013 nach einem Entwurf von Zumthor erweitert wurde. Ein guter Ort, um nach dem Ausstellungsbesuch noch ein bisschen zu verweilen.
Praktische Infos für deinen Besuch
Das KUB hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, donnerstags sogar bis 20 Uhr. Während eines Ausstellungswechsels bleibt das Haus allerdings geschlossen, also vorher checken. Der Eintrittspreis für Erwachsene liegt bei 14 Euro, ermäßigt bei 12 Euro. Junge Leute zwischen 20 und 27 Jahren zahlen 8 Euro, und wer noch keine 19 Jahre alt ist, kommt kostenlos rein. Jeden ersten Donnerstagabend im Monat ist der Eintritt ab 17 Uhr frei – eine gute Gelegenheit, wenn du das KUB kennenlernen möchtest, ohne das Budget zu belasten.
Ein nettes Detail: Die KUB-Eintrittskarte gilt am Besuchstag als Tagesticket im gesamten Gebiet des Vorarlberger Verkehrsverbunds. Du kannst also problemlos mit Bus und Bahn anreisen und sparst dir die Parkplatzsuche. Es gibt auch Kombitickets mit dem vorarlberg museum für 21 Euro – lohnt sich, wenn du beide Häuser sehen willst.
Führungen finden regelmäßig statt, donnerstags um 18 Uhr und sonntags um 16 Uhr. Einmal im Monat gibt es sogar eine spezielle Architekturführung, bei der du hinter die Kulissen blickst und mehr über Baugeschichte und Konstruktion erfährst. Für Familien gibt es sonntags Führungen, und samstags werden Kinderkunst-Workshops angeboten. Das KUB richtet sich wirklich an alle Altersgruppen.
Das KUB heute – lebendig und international
Seit seiner Eröffnung 1997 hat das Kunsthaus über hundert Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt Raum für neuartige, zum Teil einmalige Werke geboten. Aufgrund seines ambitionierten Ausstellungsprogramms und seiner einmaligen Architektur ist das KUB international bei Kunst- und Architekturinteressierten bekannt. Der erste Direktor war Edelbert Köb, gefolgt von Eckhard Schneider und Yilmaz Dziewior. Seit 2015 leitet der gebürtige Österreicher Thomas D. Trummer das Haus und setzt die Tradition fort, mutige und programmatische Ausstellungen zu realisieren.
Das KUB zeigt nicht nur internationale Positionen, sondern leistet auch einen Beitrag zur kulturellen Identität der Region Vorarlberg. Projekte wie Gottfried Bechtolds "Signatur 02" am Silvretta-Staudamm oder Jenny Holzers "Truth Before Power", bei dem großformatige Texte auf Architektur- und Naturmonumente in ganz Vorarlberg projiziert wurden, sind Beispiele dafür, wie das Museum über seine vier Wände hinaus wirkt. Auch Antony Gormleys Landschaftsprojekt "Horizon Field", das von 2010 bis 2012 realisiert wurde, hat Spuren hinterlassen.
Neben den großen Ausstellungen in den charakteristischen Räumen präsentiert die KUB-Arena im Erdgeschoss prozesshafte und interdisziplinäre Projekte. Diese diskursive Schnittstelle von Architektur und Werk ermöglicht flexiblere, experimentellere Formate. Begleitend zu den Ausstellungen gibt es ein umfangreiches Vermittlungsprogramm – von Workshops über zweisprachige Formate bis hin zu Atelierstunden. Das KUB ist ein kreativer Erlebnis- und Erfahrungsraum für alle, die Lust auf intuitive Begegnungen mit Kunst haben.
Publikationen und Editionen – die Kunst zum Mitnehmen
Das Kunsthaus ist Herausgeber von Publikationen, Textreihen und Katalogbüchern, die in enger Kooperation mit den ausstellenden Künstlern und renommierten Grafikern wie Walter Nikkels oder Stefan Sagmeister entstehen. Diese Bücher sind keine Standardkataloge, sondern eigenständige künstlerische Objekte. Darüber hinaus entstehen aus der Nähe zu den Künstlern exklusive Editionen speziell für das Kunsthaus Bregenz.
Übrigens: 2011 gab die Österreichische Post eine Briefmarke zum Kunsthaus Bregenz heraus – im Rahmen der Dauermarkenserie Kunsthäuser. Ein kleines, aber schönes Zeichen der Anerkennung für ein Gebäude, das längst ikonischen Status erreicht hat.