Der Arenenberg liegt am Schweizer Ufer des Untersees, zwischen Mannenbach und Ermatingen. Schon die Römer wussten diesen Platz zu schätzen und betrieben Weinbau an diesen Südhängen. Ursprünglich hieß das Gut "Narrenberg" – warum genau, darüber schweigen die Quellen. Zwischen 1546 und 1548 ließ Sebastian Geissberg, damals Bürgermeister von Konstanz, das Schloss errichten. Über die Jahrhunderte wechselte es mehrmals den Besitzer, bis 1817 eine Dame auftauchte, die das Schicksal des Ortes nachhaltig prägen sollte.
Hortense de Beauharnais war keine gewöhnliche Exilantin. Die Stieftochter Napoleons I. und ehemalige Königin von Holland hatte nach der endgültigen Niederlage ihres Stiefvaters zunächst in Konstanz Zuflucht gesucht. Als sie 1816 das erste Mal den Arenenberg besuchte, war die Sache klar: Diese Aussicht auf den See, die sanften Hügel der Höri drüben, die Vulkankegel des Hegau in der Ferne – das war ihr neues Zuhause. Sie kaufte das Anwesen 1817 und brachte aus Frankreich nicht nur kostbare Möbel und Kunstgegenstände mit, sondern auch ihren siebenjährigen Sohn Louis Napoléon.
Wo ein Kaiser aufwuchs
Diesen Jungen sollte später ganz Europa kennen lernen, aber vorerst besuchte er die Schule in Augsburg und wurde auf dem Arenenberg von Konstanzer Professoren unterrichtet. Naturwissenschaften, Kunst, Philosophie – und Kriegswesen, denn ein Bonaparte musste sich in militärischen Dingen auskennen. Louis Napoleon lernte reiten, fechten, schwimmen und sprach fließend Schweizerdeutsch. 1832 verlieh ihm der Kanton Thurgau die Ehrenbürgerwürde, was für einen ausländischen Adeligen durchaus ungewöhnlich war.
Bis zu seinem 31. Lebensjahr verbrachte er immer wieder Zeit auf dem Arenenberg. Hier plante er 1836 auch seinen missglückten Putschversuch in Straßburg – die erste von mehreren gescheiterten Versuchen, in Frankreich an die Macht zu kommen. Spannend ist dabei, dass er ausgerechnet von diesem idyllischen Fleckchen am Bodensee aus versuchte, die französische Politik aufzumischen. Erst Jahre später sollte es ihm gelingen: Als Napoleon III. wurde er 1852 der letzte Kaiser von Frankreich.
Ein Park voller Geschichte
Der Arenenberg blickt auf eine über 600-jährige Gartentradition zurück. Im Mittelalter legten Thurgauer und Konstanzer Patrizier einen Lustgarten an, der in der Renaissance erweitert wurde. Was heute zu sehen ist, geht aber hauptsächlich auf Königin Hortense zurück. Die Dame hatte eine Leidenschaft für Gartenkunst und Botanik – und sie plante den Arenenberger Garten bereits, bevor sie das Gut überhaupt besaß. Das muss man sich mal überlegen.
Hortense ließ ab 1818 einen rund zwölf Hektar großen Landschaftspark im englischen Stil anlegen. Später, ab 1834, trug auch der befreundete Landschaftskünstler Hermann von Pückler-Muskau seine gestalterische Handschrift bei. Der Park sollte kein starres Kunstwerk sein, sondern ein lebendiger Ort mit einem faszinierenden Wechselspiel aus Licht und Schatten, Wasser und Wald. Zwischen den Bäumen hindurch immer wieder Sichtachsen auf den Bodensee – das war das Konzept.
Nach dem Tod von Kaiserin Eugénie, der Witwe Napoleons III., die das Schloss 1906 dem Kanton Thurgau schenkte, verwilderte der Park allerdings zusehends. Über Jahrzehnte kümmerte sich kaum jemand drum. Erst die Stiftung Napoleon III. entdeckte dieses Kleinod wieder und setzte sich für seine Restaurierung ein. 2008, zum 200. Geburtstag Napoleons III., wurden die zentralen Teile wiederhergestellt. Der östliche Teil folgte später. Heute gilt der Arenenberger Schlosspark als Kulturdenkmal von europäischem Rang.
Vom mittelalterlichen Garten bis zu den Rebhängen
Ein Rundweg verbindet heute die verschiedenen Epochen der Gartenkultur. Da gibt es den 2014 neu eröffneten mittelalterlichen Patriziergarten hinter dem Hotel – mit Rasenbänken, einem Brunnen und allerlei Duft- und Nutzpflanzen. So einen detailgetreuen Nachbau eines mittelalterlichen Lustgartens findest du angeblich nirgends sonst in der Schweiz, Österreich oder Süddeutschland.
Der historische Landschaftspark mit seinen Elementen aus Barock und Renaissance liegt dann weiter unten am Hang. Zwischen Weinbergen und Gartenanlagen öffnet sich immer wieder der prächtige Blick auf den Bodensee. Zu den romantischen Ziergebäuden im Park zählen eine kleine Einsiedelei (die Eremitage genannt wird), ein Aussichtspavillon mit zwei Satyrn, ein gut erhaltener historischer Eiskeller und sogar Reste des alten Plumpsklos. Die sanitären Anlagen im Schloss sollen übrigens für ihre Zeit sehr fortschrittlich gewesen sein – ein Detail, das die Museumsführer gerne erwähnen.
Rund um das Schloss selbst liegen zwei beeindruckende Terrassen. Auf der westlichen Aussichtsterrasse veranstaltete der Hofstaat im Sommer kleine Soirées. Die mächtige Rosskastanie dort soll Königin Hortense persönlich gepflanzt haben – heute ein beliebter Ort für Hochzeitszeremonien. Die italienische Terrasse im Norden, direkt bei der neugotischen Kapelle, bietet einen grandiosen Blick bis zur Insel Reichenau. Auf dem Vorplatz östlich des Schlosses stehen zwei Platanen aus der Zeit um 1830. Dazwischen liegt ein Beet, das als "Arenenberger Blumenschiff" bekannt ist und vermutlich auf eine Idee von Fürst Pückler zurückgeht.
Die Arenenberger Gartenwelt umfasst aber nicht nur historische Parkanlagen. Auf dem Gelände befinden sich auch die Schul- und Sortengärten des Bildungs- und Beratungszentrums Arenenberg, das zur landwirtschaftlichen Fachschule des Kantons Thurgau gehört. Hier kannst du Felder, moderne Gärten und sogar Ställe besichtigen – ein authentischer Einblick ins ländliche Leben, der einen schönen Kontrast zum kaiserlichen Prunk bildet.
Im Napoleonmuseum durch kaiserliche Salons flanieren
Das Schloss selbst beherbergt heute das einzige deutschsprachige Museum zur napoleonischen Geschichte. Die Räume sind noch weitgehend original eingerichtet – oder wurden so rekonstruiert, wie sie zu Zeiten von Hortense und Napoleon III. aussahen. Kaiserin Eugénie hatte allerdings vor der Schenkung an den Kanton Thurgau einige wertvolle Gegenstände entfernt, sodass manche Räume neu möbliert werden mussten.
Im Parterre kannst du das Vestibül, den Wintergarten, den Salon der Königin Hortense, den unteren Seesalon, die Bibliothek und den Speisesalon besichtigen. In der ersten Etage befinden sich das Schlaf- und Sterbezimmer der Königin Hortense, ihr Boudoir und Arbeitszimmer, der Salon der Kaiserin Eugénie sowie die Schlafzimmer des Kaiserpaares. Überall hängen Gemälde und stehen Möbel aus der Empire-Zeit. Es wirkt tatsächlich so, als hätten die Bewohner das Haus nur kurz für einen Spaziergang verlassen.
Besonders eindrucksvoll ist der sogenannte Zeltsalon, wo Gemälde von Königin Hortense und ihrem Sohn Napoleon III. zu sehen sind. Die Sammlung umfasst neben Bildern auch Möbel, Geschirr, Graphiken und Bücher, die ursprünglich Kaiserin Joséphine, Königin Hortense und Prinz Louis Napoléon gehörten. Regelmäßige Sonderausstellungen sorgen dafür, dass es immer wieder Neues zu entdecken gibt.
Wein vom ältesten Weingut am See
Schon Hortense de Beauharnais förderte ab 1817 die Rebanlagen und die Kelterei des Schlosses. Heute werden auf rund drei Hektar Rebfläche Trauben angebaut. Der Weinbau zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Arenenbergs – von den Römern über den mittelalterlichen "Narrenberg" bis in die Gegenwart.
Du kannst an Weinwanderungen teilnehmen, Degustationen besuchen oder an Führungen im kaiserlichen Rebberg teilnehmen. 2025 öffnet auch der bisher verschlossene historische Weinkeller seine Pforten. Multimedial soll dort die Geschichte des Weins am Bodensee präsentiert werden – ein weiterer Grund, dem Arenenberg einen Besuch abzustatten.
Praktische Infos für deinen Besuch
Das Napoleonmuseum ist von April bis September täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, von Oktober bis März nur dienstags bis sonntags. Der letzte Einlass ist jeweils um 16.30 Uhr. Die Gartenwelt hingegen ist jederzeit frei zugänglich – perfekt für einen Spaziergang, auch wenn das Museum geschlossen ist.
Die Anreise gelingt am besten mit dem Auto: Von Konstanz oder Kreuzlingen sind es nur 15 Minuten. Der Bodensee-Radweg führt ebenfalls zum Schloss, allerdings mit einem kleinen Anstieg. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichst du den Arenenberg über den Bahnhof Mannenbach-Salenstein (20 Minuten Fußweg) oder den Bahnhof Ermatingen (von dort fährt ein Bus bis zur Haltestelle "Arenenberg Schloss"). Von Ostern bis Oktober kannst du auch mit den Schiffen der BSB-Flotte anreisen – von Radolfzell, Iznang oder Reichenau aus.
Direkt am Eingang des Museums befindet sich ein kleiner Shop mit Geschenkartikeln und Souvenirs rund um die napoleonische Geschichte. Das Angebot wechselt mit den Jahreszeiten, besonders schön ist es zur Rosenblüte im Juni oder zur Weihnachtsausstellung im Advent. Etwa 200 Meter vom Schloss entfernt liegt das Bistro Louis Napoléon, das regionale Spezialitäten serviert – ein guter Ort, um den Besuch ausklingen zu lassen.
Taschen und Rucksäcke müssen in Schließfächern deponiert werden. Aus konservatorischen Gründen sind Foto- und Filmaufnahmen im Museum nicht gestattet. Bezahlung ist auch in Euro möglich. Das Museum ist nur bedingt rollstuhlgängig (Erdgeschoss mit drei Stufen am Eingang). Hunde dürfen an der Leine im Park spazieren, aber nicht ins Museum.