Langenargen streckt sich auf einer Landzunge in den Bodensee, etwa acht Kilometer östlich von Friedrichshafen. Die Gemeinde liegt genau dort, wo die beiden Flüsse Argen und Schussen in den See münden – eine Lage, die schon die Römer zu schätzen wussten. Die errichteten hier im ersten Jahrhundert nach Christus zwei gewaltige Wachtürme auf dem, was damals noch eine Insel war. Heute ist daraus eine Halbinsel geworden, auf der das Wahrzeichen der Stadt thront.
Im Jahr 773 wurde der Ort unter dem Namen "Arguna" erstmals urkundlich erwähnt, in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. Gallen. Der Name selbst kommt wahrscheinlich vom Fluss Argen – in alten Dokumenten findet man Bezeichnungen wie "Zu der langen Argen", was darauf hindeutet, dass nicht die Länge des Ortes, sondern die des Flusses namensgebend war. Im 14. Jahrhundert bauten die Grafen von Montfort hier ihre Burg, die über Jahrhunderte das Schicksal der Region prägte.
Die Geschichte Langenargens ist eine von Zerstörung und Wiederaufbau. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt stark beschädigt, später verfiel die Burg zur Ruine – die Einheimischen plünderten sie sogar als praktischen Steinbruch. Doch aus dieser Ruine sollte Mitte des 19. Jahrhunderts etwas ganz Besonderes entstehen.
Ein Märchenschloss am Schwäbischen Meer
Das Schloss Montfort ist keine gewöhnliche Sehenswürdigkeit. Als König Wilhelm I. von Württemberg 1858 die Ruine kaufte – für schlappe 3.000 Gulden –, hatte er große Pläne. Zwischen 1861 und 1866 entstand nach Plänen des Ravensburger Oberamtsbaurats Gottlieb Pfeilsticker ein Bauwerk, das man eher in Granada oder Nizza vermuten würde: ein Schloss im maurischen Stil mit orientalischen Details, zinnenartigen Bekrönungen und einem auffälligen Streifenmuster aus gelben und roten Ziegeln.
Die Fassaden sind mit Terrakotta-Reliefs verziert, ähnlich wie bei der Wilhelma in Stuttgart. Eselsrückenbögen an den Fenstern und Maureskenfüllungen an den Pilastern verleihen dem Gebäude seinen unverwechselbaren Charakter. Annette von Droste-Hülshoff beschrieb die Vorgängerruine in einem Brief als die schönste, die sie je gesehen habe – das fertige Schloss hätte sie wohl sprachlos gemacht.
Genutzt wurde das Schloss zunächst als Sommerresidenz. Prinzessin Luise von Preußen, eine Nichte Kaiser Wilhelms I., verbrachte hier von 1873 bis zu ihrem Tod 1901 regelmäßig die warmen Monate mit ihrem Hofstaat. Dreißig Jahre lang prägte sie das gesellschaftliche Leben in Langenargen. Heute gehört das Schloss der Gemeinde und beherbergt ein Restaurant mit Café, eine Weinbar im Untergeschoss und Räumlichkeiten für Hochzeiten und Veranstaltungen.
Von März bis Oktober kann man den Schlossturm besteigen – besonders lohnenswert ist der Aufstieg am Spätnachmittag, wenn die untergehende Sonne den See und die Schweizer Alpen in warmes Licht taucht. Der Blick reicht über den historischen Ortskern mit seinem malerischen Gemeindehafen bis ins hügelige Hinterland. An klaren Tagen sieht man die gesamte Alpenkette.
Die Uferpromenade – länger als gedacht
Zwischen Schloss Montfort und dem Hotel Seeterrasse erstreckt sich eine der längsten Uferpromenaden am gesamten Bodensee. Das ist keine hohle Werbeaussage, sondern Fakt. Viele Gäste schwören darauf, dass sie auch die schönste sei – nicht nur wegen der sorgfältig gepflegten Blumenbeete, sondern wegen der Kombination aus Weitblick auf den See, Alpenpanorama und der entspannten Atmosphäre.
Zahlreiche Bänke laden zum Verweilen ein. Donnerstags von 8 bis 13 Uhr findet hier der Wochenmarkt statt, wo lokale Erzeuger frisches Obst, Gemüse und andere regionale Produkte anbieten. Die Promenade selbst entstand erst 1975/76 durch Aufschüttung – ein Projekt, das zunächst auf viel Skepsis in der Bevölkerung stieß. "Da kann man ja gar nicht richtig mähen", hieß es damals über die hügeligen Gartenanlagen.
Heute ist die Promenade das Herzstück Langenargens. Im Sommer steppt hier der Bär – oder besser gesagt: es spielt die Musik, es werden Stände aufgebaut, und die Stimmung ist mediterran. Entlang der Promenade reihen sich Cafés und Restaurants, und der Kinderspielplatz in den Uferanlagen ist wegen seiner Seelage bei Familien extrem beliebt.
Kunst und Kultur im ehemaligen Pfarrhaus
Mitten im Ortskern, gegenüber der spätbarocken Pfarrkirche St. Martin, befindet sich das Kunstmuseum Langenargen im ehemaligen Pfarrhof. Das zwischen 1735 und 1740 errichtete Gebäude sollte in den 1970er Jahren eigentlich einem modernen Wohnhaus weichen. Ein Bürgerbegehren verhinderte den Abriss – 1973 wurde das Haus unter Denkmalschutz gestellt, 1976 konnte das Museum eröffnet werden.
Die Sammlung konzentriert sich auf Kunst aus dem Bodenseeraum und Langenargen, umfasst aber auch bedeutende Werke vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt liegt auf Hans Purrmann, dem Matisse-Schüler und Mitbegründer der Académie Matisse, sowie auf seiner Frau Mathilde Vollmoeller-Purrmann. Das Museum besitzt eine der größten öffentlichen Purrmann-Sammlungen.
Daneben sind Werke von Jan Balet zu sehen, dessen scheinbar naive Bilder voller Hintergründigkeit und Wortwitz stecken, sowie von Karl Caspar, Franz Anton Maulbertsch – einem aus Langenargen stammenden Barockkünstler – und zeitgenössischen Positionen wie Inge Kracht, Dietlinde Stengelin und Annette Weber. Auch ein romanisches Vortragekreuz aus der Stauferzeit (1140) und eine holzgeschnitzte Pietà von 1340 gehören zur Sammlung.
Jährlich wechselnde Sonderausstellungen machen einen Besuch besonders reizvoll. Das Museum wird ehrenamtlich geführt – mit viel Herzblut und Sachverstand. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14–17 Uhr, Samstag und Sonntag 11–17 Uhr. Eintritt 7 Euro, ermäßigt 5 Euro.
Uferfest – wenn ganz Langenargen feiert
Am ersten Augustwochenende – genauer: zu Beginn der baden-württembergischen Sommerferien – verwandelt sich die Uferpromenade in ein riesiges Festgelände. 2025 findet das Uferfest bereits zum 50. Mal statt. Was 1976 als zweitägiges Richtfest für die neue Promenade begann, ist heute ein viertägiges Volksfest, das weit über die Region hinaus bekannt ist.
Eröffnet wird am Freitagabend mit dem traditionellen Fassanstich durch den Bürgermeister, danach gibt's Live-Musik auf zwei Bühnen. Am Samstag beginnt der Tag mit einem Kinderflohmarkt, gefolgt von einem bunten Programm mit Fallschirmspringen, Frühschoppenkonzert und Kinderaktionswiese. Höhepunkt ist das Klangfeuerwerk am Samstagabend, das mit musikalischer Untermalung den Himmel über dem Bodensee erleuchtet.
Am Sonntag steht das traditionelle Fischerstechen auf dem Programm – ein feucht-fröhliches Spektakel, bei dem sich zwei Kontrahenten auf wackeligen Plattformen mit langen Lanzen vom Boot stoßen müssen. Der Montag ist als Familientag gedacht. An allen Tagen verwöhnen die örtlichen Vereine an über 20 Ständen mit kulinarischen Köstlichkeiten.
Wer das Uferfest erleben möchte, sollte seine Unterkunft frühzeitig buchen – das Fest zieht regelmäßig Tausende Besucher an.
Baden, Boot fahren und mehr
Das Strandbad Langenargen liegt direkt am See und bietet ein beheiztes Schwimmer- sowie ein Freizeitbecken mit Wasserrutsche und Wasserpilz. Der Panoramablick auf die Schweizer Alpen ist inklusive. Wer es natürlicher mag, steuert den Naturstrand Seewiesen oder den Badestrand Malereck an der Argenmündung an – letzterer ist besonders familienfreundlich mit seinem flachen Wasser und kleinen Spielplatz.
Langenargen ist ein Paradies für Wassersportler. Im Gemeindehafen und im modernen Yachthafen an der Argenmündung stehen zahlreiche Infrastruktureinrichtungen zur Verfügung. Die Bootsvermietung bietet führerscheinfreie Motorboote, patentpflichtige Boote und sogar Ferrari-Tretboote – bei denen man allerdings kräftig in die Pedale treten muss. Segelkurse, Stand-up-Paddling, Wakeboard – das Angebot ist groß.
Von Langenargen aus legen regelmäßig Schiffe der Weißen Flotte ab. Innerhalb einer halben Stunde erreicht man von hier aus den westlichen Bodensee (Meersburg, Überlingen), den östlichen Bereich (Wasserburg, Lindau, Bregenz) oder das Hinterland Richtung Ravensburg. Die zentrale Lage macht Langenargen zum idealen Ausgangspunkt für Erkundungen der gesamten Region.
Kleinere Highlights und Veranstaltungen
Neben dem großen Uferfest gibt es in Langenargen weitere Veranstaltungen, die einen Besuch lohnen. Die Hafenfeste im Juni, September und Dezember verwandeln den Gemeindehafen in eine kleine Genussmeile. Die einheimische Gastronomie bereitet regionaltypische Speisen direkt vor Ort zu, dazu gibt's Live-Musik unter freiem Himmel – mit Blick auf Schloss Montfort.
Die Langenargener Schlosskonzerte sind ein kulturelles Highlight für Klassikfreunde. Im Konzertsaal des Schlosses treten renommierte Musiker auf. Wer Kunst im Freien mag, sollte den Kunstpark am See nicht verpassen – von August bis November werden entlang der Uferpromenade zeitgenössische Skulpturen und Installationen präsentiert.
Im Herbst findet das Eicher-Traktorentreffen mit Apfelmarkt statt – eine Hommage an die Obstbauregion und die Landwirtschaft. Und im historischen Münzhof gibt es regelmäßig Kleinkunstveranstaltungen.
Praktisches und Wissenswertes
Langenargen ist mit der Bahn gut erreichbar – der Ort liegt an der Strecke Ulm-Friedrichshafen-Lindau. Auch Busverbindungen nach Tettnang, Friedrichshafen und Kressbronn sind vorhanden. Mit dem Auto fährt man über die B31, Parkplätze gibt's direkt am Ort, sind aber in der Hochsaison schnell belegt.
Die Tourist-Information befindet sich in der Oberen Seestraße 2/1, direkt am Gemeindehafen im ehemaligen Zollhaus. Hier gibt's Infos zu Unterkünften, Veranstaltungen und Ausflugsmöglichkeiten. Eine Webcam zeigt live den Blick auf Hafen und Anlegesteg – praktisch, um vor dem Besuch einen ersten Eindruck zu bekommen.
Der Ort selbst ist überschaubar und lässt sich bestens zu Fuß erkunden. Wer mit dem Rad unterwegs ist, findet E-Bike-Ladestationen – etwa in der Unteren Seestraße 11. Die Ladezeit lässt sich prima mit einem Spaziergang an der Promenade oder einem Besuch in einem der Cafés überbrücken.
Langenargen trägt den Slogan "Sonnenstube am Bodensee" – und tatsächlich profitiert der Ort von seiner Südlage am württembergischen Ufer. Das Klima ist mild, mediterran angehaucht, und die Blumenbeete blühen von Frühjahr bis Herbst in bunten Farben. Das merkt man besonders an der Promenade, wo selbst im Oktober noch Rosen und Dahlien ihre Köpfe in die Sonne strecken.