Überlingen, Salem & Meersburg

Wallfahrtskirche Birnau: Das Barockjuwel zwischen Weinbergen mit Seeblick

Über dem Überlinger See thront eine der schönsten Barockkirchen Süddeutschlands. Stuck, Fresken und ein legendärer Honigschlecker machen die Birnau zum Pflichtprogramm. Und der Ausblick ist auch nicht schlecht.

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Zwischenablage

Wer von Überlingen Richtung Meersburg fährt, kommt an der Birnau kaum vorbei. Die rosafarbene Wallfahrtskirche sitzt auf einer Anhöhe über dem Überlinger See, eingebettet in Weinberge und mit Alpenpanorama im Hintergrund. Man sieht sie schon von weitem, und ehrlich gesagt lohnt sich der Abstecher auch spontan. Der offizielle Name lautet Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt, aber alle sagen einfach Birnau. Der Name stammt vom Birnauer Hof, der hier schon im Mittelalter stand.

Das Gebäude selbst wurde zwischen 1746 und 1750 errichtet. Bauherr war das Zisterzienserkloster Salem, das damals zu den reichsten und mächtigsten Klöstern im süddeutschen Raum zählte. Die Mönche wollten eine neue Wallfahrtskirche für eine verehrte Marienfigur, und sie wollten, dass es was hermacht. Der Architekt Peter Thumb aus Vorarlberg hat geliefert. Die Kirche gilt heute als eines der Hauptwerke des süddeutschen Rokoko.

Warum überhaupt Wallfahrt?

Die Geschichte der Birnau als Wallfahrtsort geht weiter zurück als das heutige Gebäude. Bereits im 14. Jahrhundert stand hier eine kleinere Kapelle, in der ein Gnadenbild der Maria verehrt wurde. Die Leute kamen von überallher, besonders nach einem angeblichen Wunder im Jahr 1420. Das alte Kirchlein wurde irgendwann zu klein, und die Zisterzienser entschieden sich für einen Neubau an etwas erhöhter Stelle. Praktisch war das auch, weil man so den See besser im Blick hatte und die Kirche weithin sichtbar wurde.

Heute kommen immer noch Pilger, wenn auch deutlich weniger als früher. Die meisten Besucher sind mittlerweile Touristen, die sich für Architektur, Kunst oder einfach für schöne Orte interessieren. Aber an bestimmten Feiertagen finden noch Wallfahrtsgottesdienste statt, und die Atmosphäre ist dann durchaus besonders.

Das Innere: Stuck, Fresken und jede Menge Gold

Wenn du die Kirche betrittst, schlägt dir erstmal eine Welle aus Farbe und Licht entgegen. Der Innenraum ist heller, als man bei einer Barockkirche erwarten würde. Das liegt an den großen Fenstern und der geschickten Anordnung der Stuckaturen. Der Stuck selbst stammt von Joseph Anton Feuchtmayer, einem der bedeutendsten Rokoko-Bildhauer seiner Zeit. Seine Arbeiten sind verspielt, detailreich und haben eine gewisse Leichtigkeit, die man in vielen anderen Barockkirchen vermisst.

An den Decken und Wänden prangen Fresken von Gottfried Bernhard Göz. Die Bilder zeigen Szenen aus dem Marienleben und biblische Geschichten. Besonders beeindruckend ist das große Deckenfresko im Langhaus, das die Verherrlichung Mariens darstellt. Die Farben sind auch nach fast 280 Jahren noch erstaunlich kräftig. Göz hat mit Perspektive gespielt, sodass die Figuren förmlich aus der Decke zu schweben scheinen. Von manchen Plätzen in der Kirche aus hat man das Gefühl, der Himmel öffne sich direkt über einem.

Der Hochaltar ist natürlich das Zentrum. Dort steht das Gnadenbild, eine spätgotische Marienfigur aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist kleiner, als man denkt, wird aber von einem prächtigen Rahmen aus vergoldetem Holz und Stuck in Szene gesetzt. Links und rechts vom Altar stehen überlebensgroße Figuren von Heiligen, ebenfalls von Feuchtmayer. Die Gesichter sind ausdrucksstark, fast schon theatralisch.

Der Honigschlecker: Ein Publikumsliebling mit Geschichte

Eine Figur in der Birnau ist besonders beliebt: der sogenannte Honigschlecker. Es handelt sich um eine kleine Putte, die an einer Säule neben dem Bernhardsaltar sitzt und genüsslich an ihrem Finger leckt. Die Figur ist Teil eines größeren Ensembles, das den heiligen Bernhard von Clairvaux darstellt. Bernhard wurde traditionell mit Bienen und Honig in Verbindung gebracht, weil seine Worte als süß und weise galten. Feuchtmayer hat das ziemlich wörtlich genommen und diesem kleinen Kerl einen Platz gegeben.

Warum ausgerechnet der Honigschlecker so berühmt wurde, ist schwer zu sagen. Vielleicht weil er so herrlich unverkrampft wirkt, so ganz ohne die übliche sakrale Ernsthaftigkeit. Kinder finden ihn sowieso klasse, und auch Erwachsene schmunzeln meistens. Es gibt übrigens auch einen Birnauer Honig, den man im Klosterladen kaufen kann. Muss man aber nicht unbedingt haben.

Die Nebenaltäre und weitere Details

Neben dem Hochaltar gibt es mehrere Seitenaltäre, die ebenfalls sehenswert sind. Der Josefsaltar zeigt den Heiligen mit dem Jesuskind, der Benediktsaltar den Klostergründer Benedikt von Nursia. Jeder Altar ist reich mit Figuren, Ornamenten und vergoldeten Schnitzereien versehen. Man könnte Stunden damit verbringen, all die kleinen Engelchen, Blumenranken und symbolischen Darstellungen zu entdecken.

Auch die Kanzel ist ein Kunstwerk für sich. Sie schwebt förmlich an der Wand, getragen von einer Figurengruppe, die die vier Evangelisten darstellt. Der Schalldeckel darüber ist mit einem Strahlenkranz verziert, in dessen Mitte eine Taube sitzt. Symbol des Heiligen Geistes, versteht sich. Die Liebe zum Detail ist in der Birnau wirklich überall spürbar.

Die Orgel: Nicht nur schön anzusehen

Die Orgel der Birnau wurde 1750 von Joseph Gabler gebaut, einem der wichtigsten Orgelbauer des 18. Jahrhunderts. Sie hat 51 Register und gilt als eines seiner Meisterwerke. Das Gehäuse ist prunkvoll gestaltet, mit vergoldeten Schnitzereien und Putten, die Instrumente spielen. Aber das Instrument klingt nicht nur gut, es sieht auch fantastisch aus. An Sommertagen finden regelmäßig Orgelkonzerte statt, und es lohnt sich, dafür einen Termin zu planen. Die Akustik im Raum ist hervorragend, und wenn die Orgel voll aufspielt, geht einem das ziemlich unter die Haut.

Draußen: Terrasse, Weinberge und Seeblick

Was viele nicht auf dem Schirm haben: Die Birnau liegt nicht nur schön, sondern bietet auch einen der besten Ausblicke auf den Bodensee. Von der Terrasse vor der Kirche aus siehst du den Überlinger See, die gegenüberliegenden Ufer und bei gutem Wetter die Alpen. Im Sommer ist es hier oft ziemlich voll, aber selbst dann findet man meist ein ruhiges Plätzchen.

Direkt unterhalb der Kirche beginnen die Weinberge des Staatsweinguts Meersburg. Der Birnauer Wein ist seit Jahrhunderten bekannt, und die Zisterzienser haben hier schon im Mittelalter Reben angebaut. Heute gehören die Rebflächen zum Staatsweingut, und man kann die Weine in der Region kaufen oder direkt in Meersburg verkosten. Ein Spaziergang durch die Weinberge lohnt sich, besonders im Herbst, wenn die Blätter sich verfärben.

Praktisches: Anfahrt, Öffnungszeiten, Eintritt

Die Birnau liegt an der Bundesstraße 31 zwischen Überlingen und Meersburg. Es gibt einen großen Parkplatz direkt unterhalb der Kirche, der allerdings kostenpflichtig ist. Wer mit dem Bus kommt, kann die Linie 7395 nehmen, die zwischen Überlingen und Meersburg verkehrt. Die Haltestelle heißt Birnau Kirche.

Die Kirche ist täglich geöffnet, in der Regel von morgens bis zum frühen Abend. Die genauen Zeiten variieren je nach Jahreszeit. Der Eintritt ist frei, aber Spenden sind erwünscht. Während der Gottesdienste kann man nicht besichtigen, das versteht sich. Die Termine für Konzerte und besondere Veranstaltungen findet man auf der Website des Klosters Salem oder vor Ort an der Infotafel.

Fotografieren ist erlaubt, aber ohne Blitz und Stativ. Das Licht in der Kirche ist meistens gut genug, um auch ohne Blitz anständige Fotos hinzubekommen. Und mal ehrlich, mit Blitz sieht es sowieso selten gut aus.

Was man noch wissen sollte

Die Birnau ist barrierefrei zugänglich. Es gibt einen Aufzug, der vom Parkplatz zur Kirche führt, und der Innenraum ist ebenerdig. Auch Rollstuhlfahrer kommen hier gut zurecht.

Direkt neben der Kirche befindet sich ein kleines Klostercafé, das Kaffee, Kuchen und kleine Snacks anbietet. Die Terrasse ist im Sommer sehr beliebt, und man hat von dort ebenfalls einen tollen Blick auf den See. Die Preise sind moderat, und der Kuchen ist hausgemacht. Nichts Spektakuläres, aber solide.

Wer mehr über die Geschichte der Birnau und des Klosters Salem erfahren möchte, kann sich im Klosterladen Bücher und Informationsmaterial besorgen. Es gibt auch geführte Touren, die regelmäßig angeboten werden. Die Führungen dauern etwa eine Stunde und geben einen guten Überblick über Architektur, Kunst und Geschichte. Gerade wenn man nicht so tief in der Materie steckt, lohnt sich das.

Umgebung: Was liegt in der Nähe?

Die Birnau lässt sich gut mit einem Besuch in Überlingen oder Meersburg kombinieren. Überlingen ist eine hübsche Altstadt mit Seepromenade, Münster und einem sehenswerten Stadtgarten. Meersburg ist bekannt für seine Burg, die als älteste bewohnte Burg Deutschlands gilt. Außerdem gibt es dort das Neue Schloss und natürlich jede Menge Weinstuben.

Auch das Kloster Salem ist nicht weit. Das ehemalige Zisterzienserkloster ist heute ein Museum und Schloss, das besichtigt werden kann. Die Anlage ist riesig, und man kann locker einen halben Tag dort verbringen. Besonders beeindruckend ist das Münster, das ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammt.

Wer gerne wandert, findet in der Umgebung zahlreiche Routen. Der Bodensee-Rundwanderweg führt direkt an der Birnau vorbei, und es gibt mehrere Etappen, die sich als Tagestour eignen. Auch Radfahrer kommen auf ihre Kosten. Der Bodensee-Radweg ist einer der beliebtesten Fernradwege in Deutschland, und die Strecke zwischen Überlingen und Meersburg ist besonders reizvoll.

Wann ist der beste Zeitpunkt für einen Besuch?

Grundsätzlich ist die Birnau das ganze Jahr über sehenswert. Im Sommer ist naturgemäß am meisten los, vor allem an Wochenenden und Feiertagen. Wer es ruhiger mag, kommt besser unter der Woche oder in den Randzeiten. Der Herbst ist besonders schön, weil die Weinberge dann in allen Farben leuchten und die Luft klar ist. Im Winter hat die Kirche ihren eigenen Charme, vor allem wenn Schnee liegt. Dann ist es drinnen mollig warm, und draußen glitzert der See.

Zu Weihnachten und Ostern finden besondere Gottesdienste statt, die oft gut besucht sind. Wer einen dieser Termine wahrnehmen möchte, sollte früh da sein. Die Atmosphäre ist dann allerdings auch besonders feierlich.

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