Der Bodensee-Radweg umrundet auf rund 260 Kilometern das sogenannte Schwäbische Meer und führt dich durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Manche Quellen sprechen von 265 Kilometern, andere von 273, je nachdem, ob du die Uferlänge oder die tatsächliche Wegstrecke misst. Fakt ist: Du kannst überall einsteigen, der Weg ist ein Rundkurs. Die meisten starten in Konstanz, weil die Stadt gut erreichbar ist und sich als Start- und Zielpunkt einfach anbietet.
Die Strecke teilt sich klassischerweise in acht Etappen auf, wobei die einzelnen Abschnitte zwischen 21 und 51 Kilometer lang sind. Du kannst natürlich auch mehrere Etappen zusammenlegen oder dir mehr Zeit lassen. Viele Radler nehmen sich fünf bis sieben Tage, manche auch länger. Nicht, weil die Strecke so anspruchsvoll wäre, sondern weil es unterwegs einfach zu viel zu sehen gibt.
Keine Angst vor Steigungen
Das Profil des Bodensee-Radwegs ist größtenteils flach. Richtig flach. Am Obersee, dem großen Teil des Bodensees, rollst du quasi von selbst. Auch am Untersee gibt es nur vereinzelt kurze Anstiege. Die einzige Stelle, die wirklich ein bisschen fordert, ist die Variante über den Bodanrück zwischen Konstanz und Überlingen. Wer es gemütlicher mag, nimmt die Fähre von Konstanz nach Meersburg und spart sich so knapp 54 Kilometer.
Auf der Schweizer Seite gibt es ein paar hügelige Passagen, aber nichts, was Freizeitradler nicht locker schaffen würden. Die Wege sind überwiegend asphaltiert und gut befahrbar, teils direkt am Ufer, teils auf ruhigen Nebenstraßen. Rund um Friedrichshafen musst du allerdings ein Stück an der Bundesstraße entlangfahren, und an sonnigen Sommerwochenenden wird's dort auch mal voll mit Wanderern und anderen Radlern.
Beschilderung: Folge dem blauen Rad
Die Orientierung ist kinderleicht. Der gesamte Radweg ist mit einem einheitlichen Logo markiert: ein stilisierter Radfahrer mit blauem Hinterrad. Das Symbol findest du in allen drei Ländern, auch wenn die Farbe der Schilder variiert. In Deutschland sind sie oft grün, in der Schweiz blau, in Österreich gelb. Aber das Logo bleibt gleich. Im Grunde musst du nur den See rechts von dir halten, dann kommst du automatisch rum.
Trotzdem lohnt sich eine Karte oder eine App auf dem Handy. Nicht, weil du dich verfahren würdest, sondern weil du so spontaner Abstecher zu Sehenswürdigkeiten planen kannst. Und davon gibt es reichlich.
Die Highlights: Von Blumen, Burgen und Pfahlbauten
Der Bodensee-Radweg ist gespickt mit Attraktionen. Schon in den ersten Kilometern ab Konstanz kommst du an der Blumeninsel Mainau vorbei. Die Insel gehört der gräflichen Familie Bernadotte und ist berühmt für ihre Gartenanlagen. Im Frühling blühen hunderttausende Tulpen, im Sommer die Rosen, im Herbst die Dahlien. Das Schmetterlingshaus ist auch bei schlechtem Wetter einen Abstecher wert.
Weiter geht's zur Insel Reichenau, die seit dem Jahr 2000 zum UNESCO-Welterbe zählt. Die größte Insel im Bodensee ist bekannt für Gemüseanbau und ihre drei romanischen Kirchen aus dem Mittelalter. Zwischen Salat- und Gurkenfeldern radelst du über die flache Insel und kannst im Klostergarten des Abtes Walahfrid Strabo Kräuter schnuppern.
Ein absolutes Muss sind die Pfahlbauten in Unteruhldingen. Die Rekonstruktionen zeigen, wie Menschen in der Stein- und Bronzezeit am Bodensee gelebt haben. Seit 2011 gehören die Pfahlbauten zum UNESCO-Welterbe. Das Museum liegt direkt am Radweg, und du kannst auf Stegen übers Wasser zu den Häusern laufen.
Kurz darauf erreichst du Meersburg, das sich malerisch an einen Hang schmiegt. Die Burg Meersburg ist eine der ältesten bewohnten Burgen Deutschlands. Die steilen Gassen der Altstadt sind autofrei, und von oben hast du einen grandiosen Blick über den See. In den Weinstuben rund um den Marktplatz kannst du die regionalen Weine probieren. Müller-Thurgau und Spätburgunder als Weißherbst sind die Klassiker.
In Friedrichshafen dreht sich alles um den Zeppelin. Graf Ferdinand von Zeppelin hat hier seine Luftschiffe gebaut, und das Zeppelinmuseum am Hafen erzählt die Geschichte. Noch heute siehst du die modernen Zeppeline über dem See kreisen. Eine Fahrt kannst du buchen, ist aber nicht ganz billig.
Drei Länder, drei Gesichter
Die Inselstadt Lindau in Bayern ist mit ihrer Hafeneinfahrt und dem Löwen ein Fotomotiv par excellence. Die Altstadt liegt auf einer Insel und ist über eine Brücke mit dem Festland verbunden. Hier spürst du schon das südliche Flair, bevor du nach Österreich weiterfährst.
Bregenz, die Hauptstadt Vorarlbergs, ist bekannt für die Seebühne. Jeden Sommer finden hier die Bregenzer Festspiele statt. Mit der Pfänderbahn kannst du auf den 1.064 Meter hohen Pfänder fahren und hast von oben einen 360-Grad-Blick auf den See, den Rhein und 240 Alpengipfel. An klaren Tagen reicht die Sicht bis ins Allgäu.
Die Schweizer Seite zwischen Rorschach und Kreuzlingen ist ruhiger, fast beschaulich. Kleine Dörfer mit Fachwerkhäusern reihen sich aneinander. In Stein am Rhein erwartet dich ein mittelalterliches Kleinod mit bunt bemalten Hausfassaden. Die Altstadt ist so perfekt erhalten, dass es fast unwirklich wirkt.
Abstecher zum Rheinfall
Wer Zeit hat, sollte von Stein am Rhein einen Abstecher zum Rheinfall bei Schaffhausen machen. Mit 23 Metern Höhe und 150 Metern Breite ist er der größte Wasserfall Europas. Das Tosen ist schon von weitem zu hören, und bei einer Bootsfahrt zum Felsen mitten im Fall kommst du den Wassermassen richtig nah. Der Umweg sind etwa 20 Kilometer hin und zurück, lohnt sich aber definitiv.
Praktisches: Übernachtung und Gepäck
Rund um den Bodensee findest du jede Art von Unterkunft. Von einfachen Pensionen über gemütliche Landgasthöfe bis zu Vier-Sterne-Hotels ist alles dabei. Viele Unterkünfte sind auf Radfahrer eingestellt und bieten abschließbare Räume für die Räder, Trockenräume und Werkzeug für kleinere Reparaturen.
In der Hauptsaison zwischen Juli und September sind die Unterkünfte oft ausgebucht. Buche am besten mehrere Wochen im Voraus, besonders wenn du auf bestimmte Orte festgelegt bist. Eine Alternative sind organisierte Radreisen, bei denen Übernachtungen und Gepäcktransport aus einer Hand kommen.
Der Gepäcktransport ist ein echter Luxus. Du stellst morgens bis spätestens 9 Uhr dein Gepäck an der Rezeption bereit, und bis 18 Uhr steht es im nächsten Hotel. Pro Gepäckstück sind maximal 20 Kilogramm erlaubt. Der Service muss mindestens eine Woche im Voraus gebucht werden und funktioniert nur im Uhrzeigersinn. Verschiedene Anbieter kümmern sich darum, zum Beispiel Radweg-Reisen.
Fähren als Abkürzung
Mehrere Fährverbindungen ermöglichen es, die Strecke abzukürzen oder flexibel zu gestalten. Die wichtigsten sind:
- Konstanz-Staad nach Meersburg: spart rund 54 Kilometer
- Friedrichshafen nach Romanshorn: verbindet Deutschland mit der Schweiz
- verschiedene Kursschiffe, die zwischen den Orten pendeln
Auf allen Fähren und den meisten Kursschiffen kannst du dein Fahrrad mitnehmen. Die Kosten sind überschaubar, und gerade die Überfahrt von Friedrichshafen nach Romanshorn ist landschaftlich reizvoll. Fast 40 Minuten fährst du über den breiten Obersee, die Alpen im Hintergrund, Möwen kreisen ums Schiff.
Beste Reisezeit: Nicht im Hochsommer
Die Bodenseeregion hat ein mildes Klima, und theoretisch kannst du fast das ganze Jahr über radeln. Die beste Zeit ist aber zwischen März und Juni sowie im September und Oktober. Im Frühling blühen die Obstbäume, die Apfelblüte Ende April ist ein Spektakel. Die Temperaturen sind angenehm, und die Radwege sind noch nicht überfüllt.
Im Juli und August wird's voll. Richtig voll. An manchen Stellen schiebst du dich durch Menschenmassen, besonders auf den beliebten Abschnitten zwischen Konstanz und Meersburg oder rund um Lindau. Dafür ist das Wetter meist stabil, und du kannst jederzeit im See baden. Über 100 Badestellen gibt es rund um den Bodensee.
Der Herbst hat seinen ganz eigenen Reiz. Die Weinlese beginnt, an den Ständen kannst du den neuen Federweißen probieren, und die Landschaft leuchtet in warmen Farben. Nebel überm See am Morgen, klare Sicht auf die Alpen am Nachmittag – das hat was.
Anreise: Bahn schlägt Auto
Konstanz ist der beliebteste Startpunkt. Mit der Bahn erreichst du die Stadt über Singen oder Radolfzell, wo du in die Regionalbahn umsteigen musst. Direkt neben dem deutschen Bahnhof liegt der Schweizer Bahnhof (SBB) mit guten Verbindungen. Die nächsten Flughäfen sind Zürich (etwa 1,5 Stunden mit der Bahn) und Friedrichshafen.
Wer mit dem Auto anreist, findet in Konstanz kostenpflichtige Parkhäuser. Kostenlose Parkplätze sind rar. Manche Anbieter von organisierten Radreisen haben eigene Parkplätze für ihre Gäste, die Kosten liegen bei etwa 50 Euro für eine Woche. Grundsätzlich macht die Anreise mit der Bahn mehr Sinn, vor allem wenn du eine Rundtour machst und sowieso wieder am Ausgangspunkt ankommst.
Für Familien und Genießer
Der Bodensee-Radweg ist wie gemacht für Familien. Die Strecke ist einfach, die Etappen kannst du kurz halten, und es gibt unterwegs genug zum Entdecken. Spielplätze, Strandbäder, Tierparks – Langeweile kommt nicht auf. Der Affenberg Salem mit über 200 freilaufenden Berberaffen ist ein Highlight für Kinder. In Friedrichshafen lockt das Schulmuseum und natürlich das Zeppelinmuseum.
Auch kulinarisch hat die Region einiges zu bieten. Bodensee-Felchen aus dem See, Schweizer Rösti, österreichische Käsespätzle und schwäbische Maultaschen – du kommst auf dem Radweg durch vier Küchen. In den Weindörfern zwischen Meersburg und Hagnau laden Straußenwirtschaften ein, wo die Winzer selbst ihren Wein ausschenken.
Ein Tipp: Die Bodensee Card PLUS lohnt sich, wenn du viele Sehenswürdigkeiten besuchen möchtest. Die Karte gibt es für drei oder sieben Tage und beinhaltet freien Eintritt zu über 160 Attraktionen sowie die Nutzung der Kursschiffe.
Varianten und Abstecher
Wer nicht die komplette Runde fahren möchte, kann sich auf den Obersee konzentrieren. Diese verkürzte Tour ist etwa 120 Kilometer lang und führt von Konstanz über Friedrichshafen, Lindau, Bregenz und Romanshorn zurück nach Konstanz. Mit der Fähre von Friedrichshafen nach Romanshorn sparst du noch mal Kilometer.
Der Untersee mit etwa 70 Kilometern ist eine eigene kleine Runde. Hier ist es ruhiger, die Landschaft wirkt intimer als am großen Obersee. Die Halbinsel Höri zwischen Radolfzell und Stein am Rhein war einst ein Künstlerdorf. Hermann Hesse lebte hier von 1904 bis 1912, und das Hesse-Museum in Gaienhofen erzählt davon.
Als Bonusetappe bietet sich ein Abstecher nach Liechtenstein an. Das Fürstentum liegt etwa 50 Kilometer vom Bodensee entfernt und ist über den Alpenrhein gut zu erreichen. Oder du fährst ein Stück den Rheinradweg entlang, der am Bodensee vorbeiführt.
Was du nicht vergessen solltest
Eine gute Regenjacke gehört ins Gepäck, auch im Sommer. Das Wetter am See kann schnell umschlagen, und ein Regenschauer aus dem Nichts ist keine Seltenheit. Dazu Sonnencreme, denn die Sonne reflektiert auf dem Wasser und brennt stärker als gedacht. Ein kleines Erste-Hilfe-Set, Flickzeug und eine Luftpumpe sollten auch dabei sein, auch wenn der Radweg gut ausgebaut ist.
Fahrradverleih gibt es in allen größeren Orten. Viele Anbieter liefern das Rad auch direkt zu deiner Unterkunft. E-Bikes sind beliebt, sind aber nicht wirklich nötig bei den flachen Strecken. Es sei denn, du möchtest einfach entspannter rollen.
Die Fahrradmitnahme in Zügen, Bussen und auf Schiffen ist rund um den Bodensee meist problemlos möglich. So kannst du spontan entscheiden, ob du eine Etappe auslässt oder abkürzt. Flexibilität ist hier kein Problem.