Ostufer mit Lindau & Bregenz

Wasserburg am Bodensee: Ein Besuch in dem Halbinsel-Ort mit besonderem Flair

Eine Halbinsel, die sich ins Wasser schiebt. Renaissance-Mauern, die Geschichten flüstern. Obstgärten bis zum Horizont. Wasserburg ist klein, beschaulich und ziemlich außergewöhnlich.

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Zwischenablage

Wasserburg liegt am bayerischen Nordufer des Bodensees, etwa fünf Kilometer westlich von Lindau. Die Gemeinde gehört zum schwäbischen Landkreis Lindau und ist mit rund 5.000 Einwohnern eine der drei bayerischen Gemeinden, die tatsächlich direkt am Bodensee liegen. Das markanteste Merkmal des Ortes ist seine Halbinsel, die sich auf 2,3 Hektar ins Wasser schiebt. Hier stehen Schloss und Kirche so dicht beieinander, dass man fast meinen könnte, sie würden sich gegenseitig Geschichten zuflüstern.

Die Gemeinde selbst hieß ursprünglich Mitten und wurde erst 1926 offiziell in Wasserburg umbenannt. Der eigentliche Ort Wasserburg bestand anfangs nur aus dieser Halbinsel, erst ab 1925 bezog sich der Name auch auf die nördlich anschließende Ortschaft. Heute umfasst die Gemeinde acht Gemeindeteile: Wasserburg selbst, dazu Reutenen, Hege, Hattnau, Selmnau, Hengnau, Bettnau und Bodolz.

Die Halbinsel: Historisches Zentrum mit Weitblick

Wer über die schmale Landverbindung auf die Halbinsel gelangt, spürt sofort eine Veränderung in der Atmosphäre. Der barocke Zwiebelturm der Pfarrkirche St. Georg ragt über die altehrwürdigen Burgmauern und den glitzernden See. Die Kirche wurde 1595 errichtet, Teile davon stammen allerdings bereits aus dem Jahr 784 – auch wenn davon heute nur noch wenige Überreste zu sehen sind. Im Inneren schmückt ein barocker Hochaltar mit lebensgroßen Figuren der Heiligen Gallus und Otmar den Raum. Bemerkenswert sind die Deckenfresken aus den Jahren 1918/19 von Otto Hämmerle, einem Münchner Maler, die Motive aus der Geschichte Wasserburgs zeigen.

An drei der vier Hauptpfeiler erinnern Steintafeln an die Seegfrörnen von 1573, 1830 und 1963 – jene seltenen Winter, in denen der Bodensee komplett zufror. Direkt am Kirchturm findet sich ein Grabstein von Bartholomäus Heuchlinger, einem ehemaligen Oberamtmann der Fugger.

Das Schloss Wasserburg wurde zwischen 1537 und 1555 von den Grafen von Montfort als Renaissanceschloss errichtet, nachdem die ursprüngliche Festung 1358 von den Truppen des Städtebundes zerstört worden war. Die bis zu drei Meter dicken Mauern vermitteln auch heute noch einen Eindruck davon, wie exponiert diese Stellung einst war. Seit 1812 ist das Anwesen in Privatbesitz und beherbergt heute ein Hotel mit Restaurant.

Geschichte in Etappen: Von Montfort über Fugger zu Bayern

Wasserburg wurde bereits 784 erstmals urkundlich erwähnt. 1386 kam der Ort an die Grafen von Montfort, ab den 1450er Jahren bildete sich hier die Nebenlinie Montfort-Rothenfels-Wasserburg. Ein besonderes Ereignis in der Geschichte Wasserburgs ereignete sich 1519: Wegen einer Pestepidemie in Freiburg wurde der Unterricht für Studenten für ein Jahr an den Bodensee verlegt – nach Wasserburg, Lindau und Konstanz. Man stelle sich das mal vor: Eine ganze Universität zieht temporär um.

1592 verkauften die hoch verschuldeten Montforter Grafen Wasserburg für 63.000 Gulden an die Grafen Fugger von Kirchberg und Weißenhorn zu Babenhausen. Die Fugger-Zeit brachte allerdings auch dunkle Kapitel: Zwischen 1655 und 1664 fanden Hexenverfolgungen statt, denen mindestens 25 Menschen zum Opfer fielen. Das ehemalige Gerichtshaus aus dieser Zeit, das Malhaus von 1597, steht noch heute auf der Halbinsel und beherbergt ein Museum mit originalem Gerichtssaal und Hexenzellen.

Wegen hoher Schulden traten die Fugger die Herrschaft Wasserburg 1755 an das Erzhaus Österreich ab. Wasserburg gehörte zu Vorderösterreich, bis das Gebiet nach dem Pressburger Frieden von 1805 zum Kurfürstentum Bayern kam, das 1806 zum Königreich Bayern wurde. 1872 entstand eine Dampferanlegestelle, 1899 erhielt der Ort einen Bahnhof an der Bahnstrecke Friedrichshafen-Lindau.

Das Museum im Malhaus: Zwischen Fischerei und Literatur

Das Museum im Malhaus öffnet seine Pforten von Ende April bis Oktober und widmet sich mehreren Themen. Neben Ausstellungen zur Fischerei am Bodensee und zur Hexenverfolgung findet sich hier ein ganzes Stockwerk, das dem in Wasserburg geborenen Schriftsteller Martin Walser gewidmet ist. Die Dauerausstellung zeigt nahezu alle Werke des Ehrenbürgers, seinen Bezug zur Seegemeinde und zahlreiche Erinnerungsstücke.

Auch Horst Wolfram Geißler, der 1921 mit seinem Roman "Der liebe Augustin – Die Geschichte eines leichten Lebens" Wasserburg ein literarisches Denkmal setzte, wird im Museum gewürdigt. Am Seeufer neben dem Freizeitzentrum steht übrigens das Denkmal "Lieben Augustin" als Erinnerung an diesen Schriftsteller.

Martin Walser: Ein Leben zwischen Wasserburg und Bodensee

Am 24. März 1927 wurde Martin Walser in Wasserburg geboren. Seine Eltern betrieben die Bahnhofsrestauration und eine Kohlenhandlung im Ort. Das Milieu seiner Kindheit schilderte er später im autobiografischen Roman "Ein springender Brunnen" (1998), der die Lebensstationen des kleinen Johann mit etwa 6, 11 und 17 Jahren in Wasserburg zwischen den beiden Weltkriegen beschreibt.

Walser besuchte fünf Jahre lang die Volksschule in Wasserburg, danach die Oberrealschule in Lindau. Nach dem Abitur 1946, Studium in Regensburg und Tübingen und zehn Jahren als Redakteur beim Süddeutschen Rundfunk kehrte er 1957 als freier Schriftsteller an den Bodensee zurück. Zunächst lebte er in Friedrichshafen, ab 1968 in Nußdorf bei Überlingen. 1984 ernannte ihn Wasserburg zum Ehrenbürger.

Walser starb am 26. Juli 2023 im Alter von 96 Jahren in Nußdorf und wurde fünf Tage später in seinem Geburtsort beigesetzt – auf dem Pfarrfriedhof an der Sankt-Georgs-Kirche, in einem Grab, das nur durch die Friedhofsmauer vom Bodensee getrennt ist. Wer das Grab besucht, schaut gleichzeitig aufs Wasser und die Berge. Walser selbst hatte dem Bodensee, in dem er so gern schwamm, zu Lebzeiten viele Liebeserklärungen gemacht: "Ich liebe den See, weil es sich um nichts Bestimmtes handelt. Nichts Bestimmtes sein, das wäre Harmonie."

Die Antoniuskapelle: Kleinod auf dem Bergle

Im Ortsteil Selmnau liegt auf einem Moränenhügel die Antoniuskapelle. Erstmals 1492 erwähnt, war sie ursprünglich eine Einsiedelei. In ihrer heutigen Form entstand die Kapelle in barockem Stil im Jahr 1696. Zur Ausstattung gehören eine gotische Madonnenfigur und mehrere barocke Skulpturen. Von hier oben bietet sich ein weiter Ausblick über den Bodensee – umringt von blühenden Obstwiesen und dem schimmernden See. Ein Ort, an dem man tatsächlich zur Ruhe kommt.

Malerwinkel und Aussichtspunkte: Wo die Kamera läuft

Wasserburg gehört zu den am häufigsten fotografierten Motiven am Bodensee. Der sogenannte Malerwinkel – ein Aussichtspunkt entlang des Rad- und Wanderwegs zwischen Wasserburg und Nonnenhorn – bietet freie Sicht auf das Ensemble der historischen Bauten mit dem markanten Zwiebelturm, der Pfarrkirche, dem Schloss und einen Rundumblick über den Bodensee bis in das Rheintal und die österreichischen, Schweizer und Liechtensteiner Alpen.

Folgst du auf der Halbinsel dem gepflasterten Weg rechts neben dem Friedhof, an der Kirche St. Georg vorbei, erreichst du einen weiteren schönen Aussichtspunkt mit drei Bänken. An klaren Tagen reicht der Blick bis in die Schweiz, die Berge scheinen greifbar nah. Wasserburg liegt im Dreiländereck – ein idealer Standort für alle, die internationale Vielfalt schätzen.

Natur pur: Naturschutzgebiete und Biotoppfade

Nordöstlich der Halbinsel Wasserburg befindet sich das etwa sieben Hektar umfassende Naturschutzgebiet Mittelseemoos – eines der artenreichsten Flachmoore im Landkreis Lindau. Der Biotoplehrpfad Birkenried vermittelt an insgesamt neun Stationen Wissenswertes über Fauna und Flora. Mit etwas Geduld lassen sich hier viele Libellen- und Vogelarten erspähen.

Am tiefsten Punkt der Nonnenhorner Bucht liegt ein weiteres Naturschutzgebiet mit romantischer und unberührter Natur. Bei Bodolz am Bichelweiher, einem ehemaligen Mühlenteich, findet sich ein Landschaftsschutzgebiet mit beeindruckender Naturlandschaft und Ruhe.

Radfahren und Wandern: Zwischen Obstplantagen und Seeblick

Das Hinterland von Wasserburg ist mit weiten Wander- und Radwegen durchzogen. Die Region lässt sich hervorragend zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkunden – vorbei an Obstplantagen und Feldern, Wäldern und Wiesen. Der berühmte Bodensee-Radweg führt auf rund 270 Kilometern um den gesamten See durch drei Länder und ist durch sein überwiegend flaches Profil auch für Familien mit Kindern geeignet.

Die Orte Lindau, Wasserburg, Nonnenhorn und Bodolz haben ihre besten Touren zusammengestellt: 10 Radtouren und 15 Wanderungen stehen zur Wahl. Eine besonders beliebte Wanderung führt "Über Stock & Stein" durch das Hinterland von Wasserburg, wo man die Ruhe inmitten blühender Obstplantagen mit dem See in der Ferne genießt. Es gibt auch einen Nordic-Walking-Parcours mit 17 Strecken unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade über eine Distanz von insgesamt 130 Kilometern.

Wer es humorvoll mag, dem sei der Witzwanderweg im Appenzellerland empfohlen. Der etwa acht Kilometer lange Weg trainiert nicht nur die Beine, sondern auch die Lachmuskeln – liebevolle Holztafeln sorgen garantiert für das eine oder andere Schmunzeln.

Aktivitäten auf und am Wasser

Im Sommer steht der See mit seinen vielfältigen Freizeitmöglichkeiten im Mittelpunkt. Baden, Surfen, Segeln, Bootfahren und Beach-Volleyball bilden den idealen Rahmen für einen abwechslungsreichen Urlaub. Das Freibad Aquamarin ist kein gewöhnliches Freibad – in einem beheizten Becken lädt es zum Schwimmen mit Fernblick auf das Alpenpanorama ein.

Beliebt sind auch Ausflüge mit der Bodensee-Schifffahrt. Von der Wasserburger Schiffsanlegestelle verkehren regelmäßig Boote nach Lindau, Bregenz und in die entgegengesetzte Richtung Richtung Konstanz, mit Stopps an allen Häfen oder nach Romanshorn an das Schweizer Ufer. Ein wahres Highlight ist eine Fahrt mit dem nostalgischen Schaufelraddampfer Hohentwiel.

In der Surf- und SUP-Schule in Wasserburg kann man surfen und Stand-Up-Paddling lernen. Auch Tauchen, Angeln und Kajakfahren sind möglich – für Anfänger genauso wie für Profis.

Jahreszeiten in Wasserburg: Von Blütenpracht bis Adventsmarkt

Der Frühling vertreibt den Winter am Bodensee etwas früher als anderswo. In Wasserburg blühen längst die Magnolien, wenn nur wenige Kilometer weiter die Berge noch schneebedeckt sind. Spätestens wenn die Obstbäume in voller Blüte stehen und das Umland mit ihrem frischen Duft umhüllen, verzaubert die Bodenseelandschaft Einheimische wie Urlaubsgäste gleichermaßen.

Im Frühherbst ist das bunte Treiben zur Obsternte und Weinlese hautnah zu erleben. Saftige Äpfel warten darauf geerntet zu werden, in den Weinkellern werden die reifen Trauben zu köstlichen Seeweinen verarbeitet. Für die Obst- und Weinbauern ist das Brennen feiner Obstbrände und aromatischer Liköre sowie das Keltern edler Weine Lebensphilosophie und Leidenschaft zugleich.

Im Oktober laden die Wasserburger Gastronomen im Rahmen der Wasserburger Genuss-Wanderung zu einer kulinarischen Entdeckungsreise mit traumhaften Ausblicken ein. Auch ein Besuch im Winter lohnt sich, wenn die Antoniuskapelle mit zartem, glitzerndem Schnee bedeckt ist und die klare Luft einen zauberhaften Blick auf die verschneiten Bergkuppen eröffnet. Pünktlich zur Adventszeit entführt der Wasserburger Adventsmarkt in den vorweihnachtlichen Zauber.

Bronzezeitlicher Einbaum: Ein archäologischer Sensationsfund

Im Frühling 2018 wurde an der Eschbach-Mündung vor dem Wasserburger Ufer ein archäologischer Sensationsfund geborgen: der bronzezeitliche "Wasserburger Einbaum" – das größte und älteste je am Bodensee gefundene Transportmittel. Die dendrochronologische Altersbestimmung ergab, dass das Wasserfahrzeug etwa 3.150 Jahre alt ist. Ein beeindruckendes Zeugnis dafür, dass Menschen schon vor über drei Jahrtausenden auf diesem See unterwegs waren.

Ausflüge in die Region: Von Lindau bis zur Insel Mainau

Wasserburg ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die Bodenseeregion. Die Insel Lindau mit ihrem berühmten Hafen und dem Löwen ist nur fünf Kilometer entfernt. Der Pfänder bei Bregenz bietet einen einzigartigen Rundblick über den gesamten Bodensee und 240 Alpengipfel Österreichs, Deutschlands und der Schweiz. In der Adlerwarte kann man Greifvogel-Flugshows besuchen, der Alpenwildpark lädt zum Erkunden ein.

Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen erzählt mit über 1.500 Originalexponaten die Geschichte der Luftschifffahrt. Die Insel Mainau lockt mit üppiger Blütenpracht das ganze Jahr über, der Park beeindruckt mit über 150 Jahre alten Bäumen und barockem Glanz. Die Pfahlbauten in Unteruhldingen-Mühlhofen bieten einen faszinierenden Einblick in die Stein- und Bronzezeit.

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